CuPha – Curriculum Phasenübergreifend im Lehramt
Kontakt
Prof. Dr. Thamar Voss
Abteilung Empirische Schul- und Unterrichtsentwicklungsforschung
thamar.voss|at|ezw.uni-freiburg.de
CuPha
Curriculum Phasenübergreifend im Lehramt
Coherent curriculum across the phases of teacher education
Das Lehramt am Standort Freiburg wird von den Hochschulen – der Universität Freiburg und der Pädagogischen Hochschule Freiburg – zusammen mit den Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg getragen. Während die Hochschulen für die erste Phase der Lehrer*innenbildung verantwortlich sind, sind für das Referendariat (zweite Phase) und das Schulpraxissemester im gymnasialen Lehramt die Seminare für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte zuständig. Die phasenspezifischen Curricula sind bislang unzureichend aufeinander abgestimmt. Das Ziel des Projekts CuPha ist es daher, die Studierenden dabei zu unterstützen, die Bedeutung von theoretischen und empirischen Erkenntnissen, die in der ersten Phase vermittelt werden, für die schulpraktischen Erfahrungen zu verstehen. Um dies zu erreichen, werden die Lerngelegenheiten der Phasen der Lehrer*innenbildung an Hochschulen und Seminaren für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte curricular und instruktional miteinander verzahnt.
Theoretische Grundlage für die Verzahnung ist der Core Practice Ansatz (Forzani, 2014). Core Practices sind Kerntätigkeiten, die häufig im Unterricht vorkommen, in verschiedenen Fächern relevant sind und das Lernen der Schüler*innen effektiv unterstützen. Beispiele für solche Kerntätigkeiten sind Störungen vorbeugen, Kooperatives Lernen anleiten, Testaufgaben erstellen, Feedback geben oder Erklären. Für die erfolgreiche Ausübung der Core Practices ist es notwendig, verschiedene Wissenskomponenten zu erwerben: Konzepte, Prinzipien und Prozeduren. Auf der Grundlage der Identifikation der für die erfolgreiche Ausführung einer Core Practice notwendigen Wissenskomponenten können passgenaue Lehr-Lern-Formen zu deren Förderung entwickelt werden (Smith & Ragan, 2005).
Im Rahmen des Projekts CuPha setzen wir dieses Vorgehen wie folgt um (siehe Abbildung): Ausgehend von ausgewählten Core Practices werden (1) die Inhalte und Qualifikationsziele bestimmt, (2) die zur Erreichung notwendigen Wissenskomponenten definiert und in Lernziele überführt, (3) Lehr-Lern-Formen zur gezielten Förderung der identifizierten Wissenskomponenten entwickelt, (4) diese Lehr-Lern-Formen über das Studium sequenziert und (5) anhand von Kompetenztests das Erreichen der Lernziele überprüft.
Die Lehr-Lern-Formen werden in den Veranstaltungen an den Hochschulen und den Begleitveranstaltungen der Praxisphasen (Seminare für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte Freiburg) verankert sowie in Form von fächerverbindenden und Theorie-Praxis-verbindenden Lernaufgaben in ein studienbegleitendes E-Portfolio implementiert.
Kontakt: Prof. Dr. Thamar Voss, Prof. Dr. Jörg Wittwer, Prof. Dr. Matthias Nückles
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der 2. Förderphase des Freiburger Projekts FACE in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Veröffentlichungen
Voss, T., Wittwer, J., & Nückles, M. (2019). Kohärenz zwischen Theorie und Praxis durch Fokussierung auf Core Practices. Ein instruktionspsychologischer Ansatz zur Abstimmung der Phasen der Lehrerbildung. In BMBF (Hrsg.), Profilbildung im Lehramtsstudium. Beiträge der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ zur individuellen Orientierung, curricularen Entwicklung und institutionellen Verankerung (S. 123–131). BMBF.
Wittwer, J., Kratschmayr, L., & Voss, T. (2019). Wie gut erkennen Lehrkräfte typische Fehler in der Formulierung von Lernzielen? Unterrichtswissenschaft, 48, 113–128. https://doi.org/10.1007/s42010-019-00056-5
COCO
Förderung des konzeptuellen Wissens von Lehramtsstudierenden im Bereich Klassenführung
Developing student teachers’ conceptual knowledge about classroom management through case comparison
Beginnende Lehrkräfte erleben häufig die Prävention von Unterrichtsstörungen und den Umgang mit solchen Störungen als sehr herausfordernd. Ziel des Projekts ist es daher, den Aufbau von Klassenführungskompetenzen über die Phasen der Lehrer*innenbildung hinweg systematisch zu unterstützen. Wir entwickeln Lernangebote zur Förderung des konzeptuellen Wissens im Bereich Klassenführung und prüfen die Wirksamkeit dieser Lernangebote in experimentellen Studien mit Lehramtsstudierenden. Vor dem Hintergrund der Forschung zu case comparison untersuchen wir, wie die Auseinandersetzung mit kontrastierenden Fallbeispielen den Aufbau des konzeptuellen Wissens optimal unterstützt. Zudem nehmen wir in den Blick, wie die Bearbeitung der Fallbeispiele die Einstellungen der Lehramtsstudierenden verändert.
Kontakt: Julia Kienzler, Prof. Dr. Thamar Voss
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der 2. Förderphase des Freiburger Projekts FACE in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Veröffentlichungen
Kienzler, J., Voss, T., & Wittwer, J. (2020, März 25–27). Kontrastiert statt isoliert? Aufbau konzeptuellen Wissens bei angehenden Lehrkräften [Posterpräsentation]. 8. Tagung der Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung (GEBF), Potsdam, Deutschland.
SEARCH
Förderung der forschungsmethodischen Kompetenz von Lehrkräften
Fostering teachers’ research competencies
Was bedeutet es, wenn in der Zeitung steht, die Leistungen an deutschen Schulen hätten sich „signifikant verschlechtert“? Wie kann eine Lehrkraft sich systematisch und zielgerichtet Rückmeldung zum eigenen Unterricht einholen? Lehrkräfte benötigen grundlegende forschungsmethodische Kompetenzen, um Ergebnisse der Bildungsforschung zu verstehen, ihr Handeln evidenzbasiert zu reflektieren und forschend an das eigene Handeln herangehen zu können. Bereits im Studium sollte daher die forschungsmethodische Kompetenz zukünftiger Lehrkräfte gefördert werden. Studierende sehen forschungsmethodisches Wissen jedoch häufig als unnütz und praxisfern an. Außerdem empfinden viele Lehramtsstudierende Statistik als schwierig und zweifeln an ihren statistischen Fähigkeiten. In unserem Projekt untersuchen wir daher, wie diesen ungünstigen subjektiven Theorien vorzubeugen ist und wie die Motivation für die Beschäftigung mit Forschungsmethoden erhöht werden kann.
Kontakt: Dr. Helene Zeeb, Dr. Thamar Voss
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der 2. Förderphase des Freiburger Projekts FACE in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Veröffentlichungen
Voss, T., Zeeb, H., Dehmel, A., & Fauth, B. (in press). Forschungsmethoden in der Lehrerbildung. In C. Cramer, M. Drahmann, J. König, M. Rothland, & S. Blömeke (Hrsg.), Handbuch Lehrerbildung. Klinkhardt/UTB.
EXCITED
Beispielbasierter Erwerb von Konzepten zum formativen Assessment in der Lehramtsausbildung
Example-based learning of concepts about formative assessment in teacher education
Das Lehramtsstudium vermittelt professionelle Kompetenzen, die für die erfolgreiche Ausübung von Tätigkeiten im Beruf der Lehrkraft notwendig sind. Ein zentraler Bestandteil professioneller Kompetenzen ist das Wissen über Konzepte. Konzepte tragen dazu bei, berufliche Anforderungen zu verstehen, und steuern dadurch das professionelle Handeln. Beispielsweise ist es bei der Planung von Unterricht wichtig zu verstehen, welche unterschiedlichen Arten von Wissen Schüler*innen erwerben müssen, um ein bestimmtes Lernziel zu erreichen. Auf dieser Grundlage können dann geeignete Lernmethoden für den Unterricht ausgewählt werden. Im Projekt interessieren wir uns dafür, wie man im Lehramtsstudium den Erwerb von Konzepten speziell zum formativen Assessment durch Beispiele fördern kann. Wir untersuchen, inwieweit es für das Lernen von Konzepten einen Unterschied macht, wie Beispiele im Lernmaterial angeordnet sind, wie intensiv Studierende Beispiele verarbeiten und wie wichtig der inhaltliche Bezug der Beispiele zu den Unterrichtsfächern ist.
Kontakt: Tim Steininger
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (Verbundprojekt FACE – Researching Practice – Practicing Research im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung)
TEBER – Forschungsschwerpunkt Analyse und Förderung evidenzbasierten Denkens angehender und berufstätiger Lehrkräfte
Kontakt
Prof. Dr. Matthias Nückles
Abteilung Empirische Unterrichts- und Schulforschung
matthias.nueckles|at|ezw.uni-freiburg.de
TEBER
Forschungsschwerpunkt Analyse und Förderung evidenzbasierten Denkens angehender und berufstätiger Lehrkräfte
Teachers‘ Evidence-Based Reasoning
Die Fähigkeit, Unterricht auf Grundlage wissenschaftlich fundierter pädagogischer und didaktischer Prinzipien zu gestalten, wird immer deutlicher als Ziel der Ausbildung angehender Lehrkräfte sowohl vonseiten der Bildungsforschung als auch der Bildungspolitik gesehen. In diesem Zusammenhang wird häufig auf das Theory-Practice-Gap verwiesen, wonach die Bildungswissenschaften (Pädagogische Psychologie, Empirische Lehr-Lern-Forschung) einen großen Fundus an praxisrelevantem wissenschaftlichem Wissen erarbeitet haben, welcher aber bislang kaum Eingang die Unterrichtspraxis von Lehrkräften findet. Die Ursachen für dieses Problem sind vielfältig. Eine Hauptursache sind die spärlichen universitären Lerngelegenheiten im bildungswissenschaftlichen Bereich, die dazu führen, dass Lehrkräfte didaktische Entscheidungen im Alltag meist ohne Rückgriff auf das Wissen der Lehr-Lern-Forschung treffen. Darüber hinaus mangelt es auch an einer theoretischen Konzeption von evidenzbasierter Lehre und der jeweils spezifischen Funktion, die fachwissenschaftlichem, fachdidaktischem und bildungswissenschaftlichem Wissen in Hinblick auf die Planung und Gestaltung von Unterricht zukommt.
Kooperation: Prof. Dr. Thamar Voss und Prof. Dr. Jörg Wittwer, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Freiburg
TIPS
Förderung didaktischer Argumentationskompetenz von angehenden Lehrkräften
Teachers as Informed Pragmatists
Lehren kann aus wissenschaftstheoretischer Perspektive als komplexes Problemlösen konzipiert werden (Lampert, 1985; Wegner, Anders, & Nückles, 2014). Dies bedeutet, dass es bei der Planung von Unterricht grundsätzlich verschiedene didaktische Möglichkeiten gibt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, und man daher abwägen können muss, welche Strategie oder Kombination aus Strategien sich vermutlich als am günstigsten erweisen wird. Weitgehend unerforscht ist, wie diese Fähigkeit, das eigene didaktische Handeln unter Rückgriff auf wissenschaftliches Wissen zu begründen, angehenden Lehrkräften vermittelt werden kann. Daher haben wir ein theoretisches Modell entwickelt, welches die Prozesse didaktischer Argumentationskompetenz spezifiziert. Das Modell basiert auf der Argumentationstheorie von Toulmin (1958, 2003) und greift wissenschaftstheoretische Überlegungen zum Theorie-Praxis-Problem in der Psychotherapieforschung auf, insbesondere die Unterscheidung epistemologischer Aussagentypen nach Bunge (1966; vgl. Perrez, 1998). Auf Basis dieses Modells entwickeln wir Selbstlernmaterialien (E-Portfolio-Aufgaben, Lösungsbeispiele, Tutorials) und testen diese im Rahmen von Interventionsstudien mit dem Ziel, angehenden Lehrkräften didaktisches Argumentieren zu vermitteln.
Kontakt: Christina Schuba und Prof. Dr. Matthias Nückles
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der 2. Förderphase des Freiburger Verbundprojekts Researching Practice – Practicing Research in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Veröffentlichungen
Schuba, C., & Nückles, M. (2020). “Teachers as informed pragmatists”: Supporting preservice history teachers’ didactic reasoning by argumentative writing [Paper presentation]. Annual Meeting of the American Educational Research Association, San Francisco, CA, United States of America.
Nückles, M., & Schuba, C. (2019). „Teachers as Informed Pragmatists“ – ein theoretisches Modell und empirische Befunde zur Förderung didaktischer Argumentationskompetenz von angehenden Lehrkräften. In BMBF (Hrsg.), Profilbildung im Lehramtsstudium. Beiträge der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ zur individuellen Orientierung, curricularen Entwicklung und institutionellen Verankerung (S. 132–142). BMBF.
DICE
Berücksichtigen Mathematiklehrkräfte pädagogisch-psychologische Evidenz zur Theorie der kognitiven Belastung, wenn sie die Schwierigkeit von Mathematikaufgaben für Schüler*innen beurteilen?
Diagnostic Competence
Die Fähigkeit, die Schwierigkeit von Aufgaben für Schüler*innen einschätzen zu können, ist eine wichtige Facette diagnostischer Kompetenz. Lehrkräfte benötigen dazu einerseits fachdidaktisches Wissen über schwierigkeitsgenerierende Merkmale von Aufgaben (Ostermann, Leuders & Nückles, 2015). Andererseits sollten sie auch pädagogisch-psychologische Prinzipien zur didaktischen Gestaltung von Aufgaben heranziehen, wie sie aus der Cognitive Load Theory (CLT) abgeleitet und vielfach empirisch belegt worden sind (z.B. integriertes Format, Lösungsbeispiele und Zwischenziele, vgl. Sweller, Ayres, & Kalyuga, 2011). Beziehen Mathematiklehrkräfte, wenn sie die Schwierigkeit von Aufgaben für Schüler*innen beurteilen, diese evidenzbasierten CLT-Prinzipien mit ein? Dieser Frage gehen wir in empirischen Studien nach, in denen wir angehenden und berufstätigen Lehrkräften nach den Prinzipien der Cognitive Load Theory didaktisch optimierte (z.B. mit integriertem Format) und nicht optimierte Mathematikaufgaben (z.B. Split-Attention-Format) vorlegen und die Teilnehmer*innen bitten, einzuschätzen, wie schwer die Aufgaben für Schüler*innen vermutlich zu lösen sind. Diese Einschätzungen vergleichen wir dann mit den empirisch ermittelten tatsächlichen Aufgabenschwierigkeiten.
Kontakt: Prof. Dr. Matthias Nückles
Kooperation: Prof. Dr. Timo Leuders (Pädagogische Hochschule Freiburg)
Finanzierung: Eigenmittel sowie Förderung im Rahmen des vom Land Baden-Württemberg finanzierten Promotionskollegs „Fachbezogene Pädagogische Kompetenzen und Wissenschaftsverständnis – Pädagogische Professionalität in Mathematik und Naturwissenschaften (ProMatNat, Sprecher: Prof. Dr. Matthias Nückles und Prof. Dr. Timo Leuders)
Veröffentlichungen
Wagner, S., Bauersfeld, J., & Nückles, M. (2020). Berücksichtigen Mathematiklehrkräfte pädagogisch-psychologische Evidenz zur Theorie der kognitiven Belastung, wenn sie die Schwierigkeit von Mathematikaufgaben für Schüler*innen beurteilen? Vortrag angenommen bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Empirische Bildungsforschung, Potsdam.
Lachner, A., Weinhuber, M., & Nückles, M. (2019). To teach or not to teach the conceptual structure of mathematics? Teachers undervalue the potential of principle-oriented explanations. Contemporary Educational Psychology, 58, 175–185. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2019.03.008
Ostermann, A., Leuders, T., & Nückles, M. (2018). Improving the judgment of task difficulties: Prospective teachers’ diagnostic competence in the area of functions and graphs. Journal of Mathematics Teacher Education, 21, 579–605. https://doi.org/10.1007/s10857-017-9369-z
Ostermann, A., Leuders, T., & Nückles, M. (2015). Wissen, was Schülerinnen und Schülern schwerfällt. Welche Faktoren beeinflussen die Schwierigkeitseinschätzung von Mathematikaufgaben? Journal für Mathematikdidaktik, 36, 45–76. https://doi.org/10.1007/s13138-015-0073-1
Hellmann, K., & Nückles, M. (2013). Expert blind spot in pre-service and in-service math-ematics teachers: Task design moderates overestimation of novices’ performance. In M. Knauff, M. Pauen, N. Sebanz, & I. Wachsmuth (Eds.), Proceedings of the 35th Annual Conference of the Cognitive Science Society (pp. 2518–2523). Cognitive Science Society.
AIM
Durch welches Lehrtraining werden angehende Lehrkräfte besser befähigt, Schüler*innen Strategien zur Interpretation von Texten zu vermitteln?
Explaining, Modelling, Practicing
Schüler*innen zu vermitteln, wie man sich sinnentnehmend – also interpretierend – mit Texten auseinandersetzt, ist Schulfach übergreifend eine wichtige Tätigkeit (englisch: Core Practice) von Lehrkräften. Reciprocal Teaching ist ein kooperatives Lesetraining zum sinnentnehmenden Lesen, das durch eine Vielzahl an Studien empirisch sehr gut belegt ist. Wie können angehende Lehrkräfte möglichst effektiv lernen, Reciprocal Teaching mit Schüler*innen durchzuführen? Wie sollte ein Lehrtraining zu Reciprocal Teaching optimal gestaltet sein? Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir verschiedene Versionen eines Lehrtrainings entwickelt, die sich in der Abfolge zentraler Bausteine unterscheiden. Derzeit prüfen wir im Rahmen einer experimentellen Interventionsstudie: (a) Ist es günstiger, angehende Lehrkräfte zunächst über die theoretischen Prinzipien und konkreten Strategien von Reciprocal Teaching zu informieren, bevor sie eigenständig mit Schüler*innen Reciprocal Teaching praktisch durchführen? (b) Oder ist es vielmehr besser, die Lehramtsstudierenden zunächst ohne Vorinformation praktische Erfahrungen in der Leseförderung mit Schüler*innen sammeln zu lassen, bevor sie danach die die theoretischen Prinzipien dargelegt und konkreten Strategien gezeigt bekommen? Mit unserer experimentellen Interventionsstudie hoffen wir, zwischen beiden alternativen Hypothesen entscheiden zu können.
Kontakt: Oberstudienrätin Imke Broß, Dr. Anja Prinz, Dr. Anna Altmann
Kooperation: Prof. Dr. Marc Kleinknecht und Dr. Kira Weber (Leuphana-Universität Lüneburg)
Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der 2. Förderphase des Freiburger Verbundprojekts Researching Practice – Practicing Research in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Veröffentlichungen
Altmann, A. F., Weber, K. E., Prilop, C. N., Kleinknecht, M., & Nückles, M. (2019). Förderung von Kernkompetenzen in der Lehramtsausbildung durch videobasiertes Microteaching und Peerfeedback. In T. Ehmke, P. Kuhl & M. Pietsch (Hrsg.), Lehrer. Bildung. Gestalten. Beiträge zur empirischen Forschung in der Lehrerbildung (S. 213–223). Beltz Juventa Verlag.
ESCOP – Forschungsschwerpunkt Merkmale und Bedingungen lernförderlicher Erklärungen
Kontakt
Prof. Dr. Matthias Nückles
Abteilung Empirische Unterrichts- und Schulforschung
matthias.nueckles|at|ezw.uni-freiburg.de
ESCOP
Forschungsschwerpunkt Merkmale und Bedingungen lernförderlicher Erklärungen
Explaining as Core Competence
Erklärungen sind allgegenwärtig im Unterricht. Fragt man Schüler*innen, was eine gute Lehrkraft auszeichnet, erhält man typischerweise die Antwort: „Das ist jemand, der bzw. die gut erklären kann“. Erklären kann insofern als eine Kernkompetenz von Lehrenden verstanden werden. Erklärungen spielen aber auch außerhalb des schulischen Unterrichts eine wichtige Rolle. Erklärungen für unverstandene Ereignisse und Phänomene zu geben oder zu bekommen, ist ein Grundbedürfnis des Menschen und die Triebfeder für naturwissenschaftliche, metaphysische und theologische Erkenntnisbemühungen. Trotz ihrer Allgegenwärtigkeit im Unterricht sind Erklärungen vergleichsweise wenig erforscht. Aus diesem Grund haben wir ein Forschungsprogramm begonnen, in dem wir Merkmale und Prozesse beim Produzieren lernförderlicher Erklärungen untersuchen.
MING
Mindset-Priming
Wie Vorstellungen über Mathematikunterricht die Lehrkraft unbewusst beeinflussen, welche Art von Erklärung sie Schüler*innen gibt
Erklärungen zu mathematischen Aufgaben sollten prinzipienorientiert gestaltet sein, d.h. es sollten nicht lediglich die Lösungsschritte skizziert werden, sondern die Lehrkraft sollte auch erläutern, warum ein bestimmter Lösungsschritt notwendig ist. Solche prinzipienorientierten Erklärungen erleichtern es Schüler*innen, den tieferen Sinn der Lösungsschritte zu verstehen und so flexibel anwendbares Mathematikwissen zu erwerben. Nun hat jedoch die TIMSS-Video-Studie zum Mathematikunterricht Hinweise erbracht, wonach Lehrkräfte entgegen ihrer anfänglichen Intention im Verlaufe einer Mathematikstunde zunehmend prozedural statt prinzipienorientiert erklären, d.h. sich auf die bloße Vermittlung von Lösungsschritten ohne Diskussion des Warums beschränken. Unsere Hypothese ist, dass die Absicht, welche eine Lehrkraft beim Erklären verfolgt, leicht durch Einflüsse der Unterrichtssituation modifiziert werden kann, etwa wenn die Schüler*innen Desinteresse oder Überforderung in Bezug auf eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Lernstoff signalisieren. Solche Einflüsse können sogar unbewusst wirken, d.h. die Lehrkraft merkt gar nicht, dass sie sich durch die Unterrichtssituation und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler beeinflussen lässt. Zur Prüfung dieser Beeinflussbarkeits-Hypothese führen wir Experimente durch, in denen wir versuchen, bei Lehrkräften eine prozedurale oder prinzipienorientierte Denkweise über Mathematiklehren zu evozieren. Die bisher durchgeführten Experimente zeigen, dass die jeweils nahegelegte Denkweise tatsächlich das Handeln beeinflusst, die Lehrkräfte also stärker prozedurale oder stärker prinzipienorientierte Erklärungen geben, ohne sich dessen bewusst zu sein. In weiterführenden Studien wollen wir nun versuchen, diese Befunde aus dem Labor in unterrichtsnahen Situationen unter realistischen Bedingungen zu replizieren.
Kontakt: Prof. Dr. Matthias Nückles
Finanzierung: Eigenmittel sowie Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Promotionskollegs CURIOUS (Curriculum, Instruktion und Lernprozess) als Teil des Freiburger Projekts in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (Sprecher: Prof. Matthias Nückles und Prof. Timo Leuders)
Veröffentlichungen
Nückles, M., Weinhuber, M., & Lachner, A. (2019, August 12–16). The impact of mindset-priming on student teachers’ written and oral explanations in mathematics [Paper presentation]. 18th Biennial Conference of the European Association for Research on Learning and Instruction (EARLI), Aachen, Germany.
Weinhuber, M., Lachner, A., Leuders, T., & Nückles, M. (2019). Mathematics is practice or argumentation: Mindset priming impacts principle- and procedure-orientation of teachers’ explanations. Journal of Experimental Psychology: Applied, 25, 618–646. https://doi.org/10.1037/xap0000227
Lachner, A., & Nückles, M. (2016). Tell me why! Content knowledge predicts process-orientation of math researchers’ and math teachers’ explanations. Instructional Science, 44, 221–242. https://doi.org/10.1007/s11251-015-9365-6
CohViz
Computergestütztes grafisches Feedback beim Schreiben von Erklärungen
Die Fähigkeit, das im Studium erworbene Fachwissen anderen zu vermitteln, wird heutzutage in vielen Berufen von Hochschulabsolvent*innen verlangt. Das Formulieren verständlicher Erklärungen fällt allerdings den meisten Studierenden – als Novizen bei der Formulierung von Erklärungen – schwer und erfordert daher viel Übung. Eine Hauptschwierigkeit beim Schreiben ist das Herstellen von Kohäsion, also die Fähigkeit, so zu formulieren, dass es Leser*innen ohne spezielles Vorwissen leichtfällt, die Bedeutungen der einzelnen Sätze miteinander zu verbinden und einen roten Faden im Text zu erkennen. Ausgehend von Experten-Novizen-Studien in der Medizin haben wir das webbasierte Feedbacktool CohViz entwickelt, welches Schreibenden automatisiert Feedback über die Kohäsion ihrer selbst verfassten Texte gibt und Kohäsionslücken grafisch sichtbar macht. In mehreren Experimenten konnten wir zeigen, dass CohViz-Feedback Studierenden hilft, die Kohäsion und damit zugleich die Verständlichkeit der von ihnen verfassten Erklärungen zu fachlichen Themen zu verbessern. Unsere derzeitigen Forschungsarbeiten zu CohViz beziehen sich auf die Fragen, wie valide und reliabel CohViz das linguistische Textmerkmal Kohäsion erfasst und wie instruktionale Maßnahmen, beispielsweise die räumliche Integration oder Signaling-Techniken, spezifische Komponenten der Textkohäsion fördern.
Kontakt: Christian Burkhart
Kooperation: Jun.-Prof. Dr. Andreas Lachner (Universität Tübingen)
Finanzierung: Eigenmittel, Förderung des Landes Baden-Württemberg im Rahmen der Förderlinie „Lehrerbildung in Baden-Württemberg“, sowie Förderung durch die Wissenschaftliche Gesellschaft Freiburg
Veröffentlichungen
Burkhart, C., Lachner, A., & Nückles, M. (2020). Using spatial contiguity and signaling to optimize visual feedback on students’ written explanations. Journal of Educational Psychology. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/edu0000607
Burkhart, C., Lachner, A., & Nückles M. (2020) Assisting students’ writing with computer-based concept map feedback: A validation study of the CohViz feedback system. PloS ONE 15: e0235209. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0235209
Lachner, A., Backfisch, I., & Nückles, M. (2018). Does the accuracy matter? Accurate concept map feedback helps students improve the cohesion of their explanations. Educational Technology Research & Development, 66, 1051–1067. https://doi.org/10.1007/s11423-018-9571-4
Lachner, A., Burkhart, C., & Nückles, M. (2017). Mind the gap! Automated concept-map feedback supports students in writing cohesive explanations. Journal of Experimental Psychology. Applied, 23, 29–46. https://doi.org/10.1037/xap0000111
Lachner, A., Burkhart, C., & Nückles, M. (2017). Formative computer-based feedback in the university classroom: Specific concept maps scaffold students’ writing. Computers in Human Behavior, 72, 459–469. https://doi.org/10.1016/j.chb.2017.03.008
Lachner, A., & Nückles, M. (2015). Bothered by abstractness or engaged by cohesion? Experts’ explanations enhance novices’ deep-learning. Journal of Experimental Psychology: Applied, 21, 101–115. https://doi.org/10.1037/xap0000038
SRL – Forschungsschwerpunkt Selbstreguliertes Lernen
Kontakt
Prof. Dr. Matthias Nückles
Abteilung Empirische Unterrichts- und Schulforschung
matthias.nueckles|at|ezw.uni-freiburg.de
SRL
Forschungsschwerpunkt Selbstreguliertes Lernen
Self-Regulated Learning
FLOW
Selbstreguliertes Lernen durch Schreiben
Freiburg Self-Regulated-Journal-Writing Approach
Die Fähigkeit zu selbstreguliertem Lernen gilt in Schule, Studium und Erwachsenenbildung als Schlüsselkompetenz. Das Lerntagebuch ist eine aussichtsreiche Methode, um selbstreguliertes Lernen durch Schreiben zu ermöglichen. Bei unserer Konzeption des Lerntagebuchs handelt es sich um eine freie Form des Schreibens, durch die eine Reflektion der Lerninhalte und des eigenen Lernprozesses erreicht werden soll. Damit diese Reflektion produktiv wird, erhalten die Lernenden Leitfragen, die sie anregen, Lernstrategien beim Schreiben einzusetzen, wie etwa das Entwickeln eigener Beispiele zu Veranschaulichung abstrakter Begriffe oder das Erkennen und eigenständige Schließen von Verständnislücken. In 16 experimentellen und 4 korrelativen Studien haben wir untersucht, wie das Lerntagebuchschreiben optimal didaktisch angeleitet werden sollte, welche Lernprozesse angeregt werden und welche Effekte auf den Lernerfolg resultieren. Derzeit untersuchen wir, inwiefern das Lerntagebuchschreiben auch in der Ausbildung angehender Lehrkräfte produktiv eingesetzt werden kann, um etwa bei der Planung von Unterricht die Konstruktion didaktischer Argumente und Prozesse der Wissensintegration zu unterstützen.
Kontakt: Prof. Dr. Matthias Nückles, Martina Graichen
Kooperation: Prof. Dr. Alexander Renkl und Dr. Inga Glogger-Frey (Institut für Psychologie, Universität Freiburg), Prof. Dr. Julian Roelle (Universität Bochum)
Finanzierung: Eigenmittel, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Promotionskollegs CURIOUS (Curriculum, Instruktion und Lernprozess) als Teil des Freiburger Projekts in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (Sprecher: Prof. Matthias Nückles und Prof. Timo Leuders) sowie Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) NU 129/2-1.
PrE-P
Professionsorientiertes E-Portfolio im Lehramtsstudium
Fostering Self-Regulated Learning by E-Portfolios in Teacher Education
Wie stehen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft zueinander in Beziehung? Und wie kommen sie beim Unterrichten zur Anwendung? Das Erkennen der Zusammenhänge von Wissensbeständen aus diesen drei Bereichen fällt vielen Lehramtsstudierenden schwer. Da das Lehramtsstudium an vielen Standorten in Deutschland noch durch wenig aufeinander abgestimmte Studienstrukturen gekennzeichnet ist, sind Fähigkeiten in der selbstgesteuerten Kohärenzkonstruktion, d.h. der eigenständigen Verknüpfung verschiedener Lerninhalte, jedoch zentral. Zur Förderung dieser Fähigkeiten wird am Standort Freiburg ein E-Portfolio konzipiert, das die Lehramtsstudierenden über die gesamte Bachelorphase begleitet. Wir entwickeln Lernaufgaben zur Förderung der horizontalen Kohärenz, d.h. zur Vernetzung von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft. Die kontinuierliche Bearbeitung dieser Aufgaben im E-Portfolio soll bei den Studierenden zum einen Prozesse der Wissensvernetzung anregen und sie so beim Aufbau kohärenter Wissensstrukturen unterstützen. Zum anderen soll die Entwicklung einer professionsorientierten Perspektive, d.h. die Verknüpfung der Studieninhalte mit den späteren beruflichen Tätigkeiten, begünstigt werden. Daher stehen bei der Aufgabengestaltung sogenannte Core Practices, zentrale Tätigkeiten einer Lehrkraft wie Erklärungen geben oder Lernziele formulieren, im Fokus. Durch die Bearbeitung der Portfolioaufgaben soll für die Studierenden erfahrbar werden, welche Relevanz die Core Practices auch für den eigenen Lernprozess haben. Darüber hinaus soll die individuelle Auseinandersetzung mit dem Lehrkraftberuf optimiert werden, sodass die Bachelorstudierenden reflektierte Übergangsentscheidungen bezüglich des Master of Education treffen können.
Kontakt: Juliane Dankwerth, Julia Stössel, Prof. Dr. Matthias Nückles
Kooperation: Verbundprojekt mit der Pädagogischen Hochschule Freiburg in der School of Education FACE
Finanzierung: Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen des Fonds „Erfolgreich Studieren in Baden-Württemberg“ in der „Förderlinie 4: Eignung und Auswahl“
FenCeS
First-Generation College Students: Academic Achievement & Experience of Strangeness
Studienerfolg und Fremdheitserleben von Erstakademiker*innen
Das Ziel des Forschungsvorhabens ist es, Unterschiede im Lernen zwischen Studierenden aus einem nicht akademischen Elternhaus und Studierenden aus einem akademischen Elternhaus zu untersuchen. Zudem sollen Faktoren identifiziert werden, die dazu beitragen, das Fremdheitserleben von Erstakademiker*innen zu reduzieren, um ihnen zu ermöglichen, ihr volles Bildungspotential im Studium auszuschöpfen. Darauf aufbauend möchten wir Empfehlungen erarbeiten, wie Erstakademiker*innen während ihres Studiums und in ihrem Lernprozess gezielt unterstützt werden können.
Kontakt: Dr. Johannes Vollmer
Finanzierung: Eigenmittel und Sachbeihilfe der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg
Veröffentlichungen
Nückles, M., Roelle, J., Glogger-Frey, I., Waldeyer, J., & Renkl, A. (2020). The self-regulation-view in writing-to-learn: Using journal writing to optimize cognitive load in self-regulated learning. Educational Psychology Review. https://doi.org/10.1007/s10648-020-09541-1
Roelle, J., & Nückles, M. (2019). Generative learning versus retrieval practice in learning from text: The cohesion and elaboration of the text matters. Journal of Educational Psychology, 111, 1341–1361. https://doi.org/10.1037/edu0000345
Wäschle, K., Gebhardt, A., Oberbusch E. M., & Nückles, N. (2015). Journal writing in science: Effects on comprehension, interest, and critical reflection. Journal of Writing Research, 7, 41–64. https://doi.org/10.17239/jowr-2015.07.01.03
Graichen, M., Wegner, E., & Nückles, M. (2019). Wie können Lehramtsstudierende beim Lernen durch Schreiben von Lernprotokollen unterstützt werden, dass die Kohärenz und Anwendbarkeit des erworbenen Professionswissens verbessert wird? Unterrichtswissenschaft, 47, 7–28. https://doi.org/10.1007/s42010-019-00042-x